Siebter Besuch im Burgtorclub (Dezember 2023)

15.12.2023

An diesem Tag veranstaltete mein Arbeitgeber eine Betriebsweihnachtsfeier in der Grand Hall Zollverein in Essen unter dem Motto "Night of Glamour". Dementsprechend haben sich die meisten Kollegen in Schale geschmissen, mich eingeschlossen. Ich trug einen schwarzen Smoking, Fliege, goldene Manschettenknöpfe und schwarze Lackschuhe. Es war ein rauschendes Fest, doch spätestens jetzt dürfte der geneigte Leser bemerken, dass diese kurze Episode schon wieder nicht wirklich von Mina handelt, sondern von meiner männlichen Persona.🤷‍♂

Die Feier endete um zwei Uhr morgens. Ich verließ sie etwa eine halbe Stunde vorher damit ich noch eine gute Zugverbindung Richtung Dortmund erwischen und meinem Lieblingsclub einen Besuch abstatten konnte. Außerdem war ich gespannt auf die Reaktionen auf mein Outfit.

Dort angekommen hing ich meinen Mantel an die Garderobe setzte mich auf den letzten freien Platz. Ulla war heute nicht da, deshalb bestellte ich ein Bier bei Mia. Soweit ich das überblicken konnte, waren heute nur Männer in der Bar, die meisten vermutlich schwul.

Es dauerte nicht lange und ich wurde von auf mein auffälliges Outfit angesprochen. Ich erzählte ihm von der glamourösen Feier. Er war Punker und stellte sich als "Schabe" vor, wie die Küchenschabe. Ich erzählte ihm, dass ich genderfluid sei und nannte ihm sowohl meinen männlichen als auch meinen weiblichen Namen und dass ich letzten Samstag auch hier war, aber ganz anders aussah.

Wir plauderten ein ganze Weile miteinander über dies und jenes. Er war echt nett und zwischendurch tauschten wir sogar vorrübergehend die Kleidung: Er zog mein Jackett an und ich seine Kutte, die voller Aufnäher, unzähligen Aufreißlaschen von Getränkedosen und anderem Zeug und echt schwer war.

Wir unterhielten uns auch über unsere sehr unterschiedlichen Lebensweisen. Er lebte größtenteils von der Hand in den Mund, hauptsächlich durch Schnorren, ich war bei einem internationalen Großunternehmen beschäftigt und verdiente gutes Geld. Aber trotz dieser sozialen Unterschiede blieb unser Umgang miteinander auf Augenhöhe. Aber weil er an diesem Abend kein Geld mehr übrig hatte, gab ich ihm einen aus.

Zwischendurch sprach mich sein Bekannter an und erzählte mir aufgeregt etwas über Züge, keine Ahnung, warum. Von der Lokomotiven-Baureihe 103 war er besonders angetan und er schwärmte mir eine gefühlte Ewigkeit davon vor. Er erinnerte an Sheldon Cooper aus Big Bang Theory und das sagte ich ihm auch. Er nahm es mit Humor, ließ mich aber irgendwann gottseidank mit seinen Zügen in Ruhe.

An junges schwules Pärchen gesellte sich zu mir an die Bar und fragte mich ebenfalls nach dem Grund für mein schickes Outfit. Sie hießen Florian und Philip und wir unterhielten uns angeregt. Auch ihnen erklärte ich, dass ich normalerweise andere Kleidung bevorzuge, wenn ich den Burgtorclub besuchte.

Als ich davon erzählte, dass ich mit einer Frau verheiratet sei und eine Tochter hatte, waren sie erstaunt. Ein ziemlich angetrunkener Typ auf der anderen Seite neben mir beugte sich aufdringlich zu mir rüber und fragte lallend: "Was, du bist gar nicht schwul?" Er war ein wenig nervig und nicht mehr ganz Herr einer Sinne. Mehrfach verschüttete er sein Bier über die Theke. Aber er wollte Florian, Philip und mir unbedingt einen ausgeben und da sagten wir natürlich nicht nein.

Anja, die einzige echte Frau unter den Bardamen, musste mehrfach betonen, dass er die Runde auch bezahlen müsse und es dauerte eine Weile, bis er kapierte, was sie wollte. Philip erklärte mir dann aber, dass der Typ Arzt sei und sich das auf jeden Fall leisten konnte.

Um kurz nach vier trat ich den Heimweg an. Die Jungs, mit denen ich mich heute unterhalten hatte, wollten noch ins Don, doch ich lehnte ab. Es war alles in allem ein interessanter Abend, aber ich hatte genug und wollte nach Hause. Aber ich würde mich freuen, wenn ich den einen oder anderen mal wieder treffen würde, dann aber hoffentlich wieder in meiner bevorzugten Form als Mina.

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